Ist Reisezeit Arbeitszeit? Mitarbeiter, die auf Wunsch ihres Arbeitgebers Dienst- oder Geschäftsreisen unternehmen, müssen sich an die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes halten. Häufig stellt sich im Rahmen des Business Travel Management die Frage, ob und zu welchen Teilen die Reisezeit auch Arbeitszeit ist. Wir klären im Folgenden darüber auf, welche Bestandteile einer Reise zur Arbeitszeit gehören, für welche Berufsgruppen Ausnahmen gelten und ob Ihnen als Arbeitnehmer für die Reisezeiten eine Vergütung von Ihrem Arbeitgeber zusteht.
Die Antwort auf die Frage: Ist Reisezeit Arbeitszeit?
Gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG) darf auch die Arbeitszeit von Mitarbeitern, die auf Weisung eine Dienst- oder Geschäftsreise unternehmen, eine tägliche Dauer von acht Stunden nicht überschreiten. Ausnahmen von bis zu 10 Stunden sind möglich, sofern die Arbeitszeit einen Durchschnitt von acht Stunden innerhalb von sechs Monaten nicht übersteigt. Außerdem ist Ihnen als Arbeitnehmer nach dem Ende Ihrer Arbeitszeit eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zu gewähren. Zu den Branchen, die von dieser Regelung ausgenommen sind, zählen neben Krankenhäusern auch die Gastronomie sowie Verkehrsbetriebe.
Und was gilt, wenn die Geschäftsreise an einem Wochenende stattfindet? Ist Reisezeit auch dann Arbeitszeit? In jedem Fall stehen Ihnen als Arbeitnehmer mindestens 15 beschäftigungsfreie Sonntage im Jahr zu. Darüber hinaus dürfen die oben genannten Ruhezeiten nicht vernachlässigt werden. Für einen Tag Sonntagsarbeit erhalten Beschäftigte zudem innerhalb von zwei Wochen einen Ersatzruhetag.
Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können unter Umständen vor allem bei Reisen außerhalb der regulären Arbeitszeit nicht vermieden werden. Denn insbesondere lange Reisen über weite Entfernungen können zu einer Überschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Zeitlimits führen.
Aus diesem Grund haben wir für Sie im Folgenden aufgeschlüsselt, welche Teile der Reise als Arbeitszeit eingestuft werden:
Ist die reine Fahrzeit auch Arbeitszeit? Gilt der Hin- und Rückweg auf der Geschäftsreise als Arbeitszeit? Gemäß der gesetzlich geltenden Beanspruchungstheorie gilt die Reisezeit auch dann als Arbeitszeit, wenn die Beschäftigten während der Fahrt derart beansprucht sind, dass die Fahrzeit als Arbeitszeit einzustufen ist. Ausschlaggebend dafür ist neben der Anweisung des Vorgesetzten über die Nutzung der Reisezeit auch die Wahl des Verkehrsmittels:
Reisen mit dem Flugzeug oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln: In diesem Fall sitzt der Mitarbeiter in einem Transportmittel, das er nicht selbst steuert. Daher kommt es darauf an, ob die Reisezeit beliebig genutzt werden darf oder nicht. Die Reisezeit gilt dann als Arbeitszeit, wenn Sie als Arbeitnehmer unterwegs auf Anweisung Ihres Arbeitgebers tätig sein und beispielsweise die Zeit zum Telefonate führen oder Termine vorbereiten nutzen. Können Sie Ihre Zeit hingegen nach Belieben verbringen und zum Beispiel Musik hören, lesen oder entspannen, handelt es sich um sogenannte Ruhezeit.
Achtung: Dies gilt auch, wenn Sie sich als Beschäftigter während der Reisezeit freiwillig mit beruflichen Tätigkeiten beschäftigen. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gilt außerdem, dass Arbeitgeber lediglich in der Pflicht sind, „erforderliche“ Reisezeiten bezahlen zu müssen. So ist ein Unternehmen im Falle einer Flugreise nur verpflichtet, dem Mitarbeiter die Reisezeit zu vergüten, die für einen Direktflug in der Economy-Class anfällt.
Reisen mit dem Auto: Wenn Sie als Arbeitnehmer auf Anweisung Ihres Vorgesetzten in einem Fahrzeug reisen, welches Sie selbst steuern, sieht der Sachverhalt anders aus: Die Fahrtzeit gilt dann auch als Arbeitszeit. Schließlich müssen Sie sich als Beschäftigter aktiv am Straßenverkehr beteiligen und sind dadurch geistig und körperlich beansprucht.
Gut zu wissen: Das gilt nicht, wenn Sie sich trotz der Anweisung Ihres Arbeitgebers, mit der Bahn zu fahren, für das Auto entscheiden. Auch wenn Ihr Vorgesetzter Ihnen die Wahl des Transportmittels überlässt, gilt die Fahrtzeit im Auto nicht als Arbeitszeit. Dies ist deshalb der Fall, weil Sie freiwillig auf die Nutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels verzichten und somit auch auf die Gelegenheit, sich auszuruhen.
Was gehört zur Arbeitszeit?
Wieder taucht die Frage auf: „Ist Reisezeit Arbeitszeit“? Hier muss auch bezüglich der am Zielort der Geschäftsreise verbrachten Zeit differenziert werden. Während die Stunden, die Sie mit dem Zweck der Geschäftsreise sowie mit Meetings und Geschäftsessen verbringen, als Arbeitszeit gelten, zählen solche, in denen Sie nicht für das Unternehmen tätig sind, als Freizeit und Ruhezeit. Dazu gehören neben Aufenthalten im Hotel und Abendessen im Restaurant auch Leerzeiten zwischen Geschäftsterminen. Als Arbeitnehmer tun Sie daher gut daran, im Rahmen ihres Business Travel alle dienstlich aufgewendeten Zeiten sorgfältig zu dokumentieren.
Für Außendienstler und Berufskraftfahrer – also Arbeitnehmer ohne festen Dienstort – gelten einige Besonderheiten. Da diese Aufgaben naturgemäß reisend ausgeübt werden, sind in diesem Fall die zurückgelegten Wegezeiten stets als Arbeitszeit einzustufen. Schließlich besteht die im Arbeitsvertrag definierte Leistungspflicht gerade darin, dass sich fortbewegt wird. Zu dieser Berufsgruppe gehören vor allem LKW-, Kurier- und Taxifahrer sowie Handelsvertreter.
Wie werde ich für die Reisezeit vergütet?
Nicht alles, was auf der Geschäftsreise zur Arbeitszeit zählt, muss vom Arbeitgeber auch extra vergütet werden. Doch wann ist eine Vergütung für die Reisezeit als Arbeitszeit fällig? Dieser Frage widmen wir uns im folgenden Abschnitt.
Wie werden Reisezeiten innerhalb der Arbeitszeit behandelt?
Bestimmte Berufsgruppen, für die das Reisen essentieller Teil ihrer Arbeit ist, werden dafür selbstverständlich vergütet. Neben den bereits erwähnten LKW-Fahrern zählen dazu beispielsweise auch Reiseleiter. Einen Anspruch auf Vergütung haben auch Beschäftigte, die ihre Hauptleistungspflicht nicht erbringen könnten, ohne zu reisen. Typische Beispiele für Berufe, für die das Reisen eine zwingende Voraussetzung ihrer Tätigkeit ist, sind Außendienstmitarbeiter und Vertreter, Kundendienstmonteure oder Bauleiter und Bauarbeiter, die im Rahmen von Montagearbeiten auf wechselnden Baustellen eingesetzt werden.
Das bedeutet, dass für Arbeitnehmer ohne festen oder üblichen Arbeitsort die Arbeitszeit bereits am Wohnort beginnt und auch erst dort wieder endet. Dies gilt, wenn sie zu Beginn der Arbeitszeit von zuhause aus zu einem Kunden fahren. Davon abweichende Vereinbarungen, bei denen diese Fahrzeiten als Ruhezeiten eingestuft werden, sind unzulässig, da die Fahrten zum Kunden, also zu dem vom Arbeitgeber festgelegten Einsatzort, ein notwendiges Mittel darstellen. Nur so sind die Mitarbeiter in der Lage, ihre Arbeitsaufgabe auszuführen. Daher üben sie während der Hin- und Rückfahrt von ihrem Wohnort zum Kunden ihre Tätigkeit aus und sind dafür entsprechend zu vergüten.
Bei allen anderen Arbeitnehmern, die eine Geschäftsreise innerhalb ihrer üblichen Arbeitszeit durchführen, ist diese ebenfalls zu vergüten. Das ist auch dann der Fall, wenn die Reise schon vor der regulären Arbeitszeit endet, beispielsweise wenn der Mitarbeiter schon eine Stunde vor dem offiziellen Dienstende zu Hause ankommt. In diesem Fall liegt es beim Arbeitgeber, wenn er die Leistung seines Mitarbeiters nicht voll ausschöpft.
Wie werden Reisezeiten außerhalb der Arbeitszeit behandelt?
Oftmals umfassen Arbeits- oder Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen Regelungen dazu, ob Geschäftsreisen außerhalb der Arbeitszeit extra zu vergüten sind. Grundsätzlich werden Reisezeiten, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, dabei wie sonstige Überstunden behandelt. Gemäß den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes wird beispielsweise nicht die reine Fahrzeit vergütet, aber die Zeit, in der der Angestellte dienstlich tätig ist.
Sollte keine eindeutige Regelung vorliegen, wird im Einzelfall entschieden, ob eine Vergütung den Umständen nach angemessen ist. Insbesondere bei Angestellten in höheren Positionen, die ein entsprechend hohes Gehalt bekommen, werden Reisezeiten oft als mit der Grundvergütung abgegolten eingestuft. Diese Regelung für die Mehrarbeit von Mitarbeitern der oberen Gehaltsgruppen ist auch in den Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes festgelegt.
Gilt der Arbeitsweg als Arbeitszeit?
Laut Arbeitszeitgesetz beginnt die Arbeitszeit mit der Aufnahme der Arbeit und endet mit ihrer Niederlegung. Grundsätzlich zählt der Arbeitsweg daher nicht als Arbeitszeit. Ausnahmen gelten nur für die oben erwähnten besonderen Berufsgruppen. Für alle Beschäftigten, die über eine feste Arbeitsstätte verfügen, werden die Fahrten zum Arbeitsort und zurück als Wegezeit eingeordnet. Diese gilt nicht als Arbeitszeit, da sich kein direkter Zusammenhang zwischen der Wegezeit und der dienstlichen Tätigkeit herstellen lässt. Es handelt sich um Ruhezeit, also die private Zeit des Arbeitnehmers. Je nach Wahl des Transportmittels – beispielsweise öffentliche Verkehrsmittel – kann er diese Zeit für Freizeitbeschäftigungen nutzen.
Fazit
Auf die Frage „ist Reisezeit gleich Arbeitszeit“ gibt es keine pauschale Antwort. Was die Themen Reise- und Arbeitszeit betrifft, sind stets die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. So ist Fahrzeit auch Arbeitszeit, wenn der Mitarbeiter entweder ein Fahrzeug selbst steuert oder aber berufsbezogene Aufgaben erledigt. Die am Zielort verbrachte Reisezeit ist dann Arbeitszeit, wenn sie mit geschäftlichen Angelegenheiten verbracht wird. Alle anderen Beschäftigungen gelten als Ruhezeit. Vorsicht: Nicht alle Arbeitszeiten müssen extra bezahlt werden. Der Arbeitgeber muss nur dann eine Vergütung zahlen, wenn diese den Umständen nach angemessen ist. Hierzu enthalten in der Regel Arbeits- oder Tarifverträge explizite Regelungen.
Generell empfiehlt es sich sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber, transparente Vereinbarungen zum Thema Geschäftsreise zu treffen. Gerne helfen wir Ihnen bei der Klärung Ihrer diesbezüglichen Fragen und stehen Ihnen als Spezialist für Geschäftsreisen jederzeit zur Verfügung. Wenden Sie sich gerne noch heute an die Uniglobe-Experten und vereinbaren Sie eine kostenfreie Erstberatung.
Bitte beachten Sie, dass unser Beratungsspektrum alle relevanten Themen Ihres Geschäftsreisemanagements abdeckt, jedoch keine Rechtsberatung ersetzt. Des Weiteren können wir als Reisebüro für Geschäftsreisen keine verbindlichen Aussagen zu gesetzlichen Regelungen treffen. Bei rechtlichen Anliegen und Fragen empfehlen wir Ihnen, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren.
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